Wolfgang Tillmans, München Installation 1991-2004, 2005
Der von ihm entwickelte direkte und aus dem Moment heraus agierende
fotografische Stil fand bald Aufnahme in bekannte Lifestyle- und
Popkulturmagazine wie i-D, Spex oder Interview und prägte die
Darstellung der Jugend- und Subkultur der Neunziger entscheidend mit.
Neben den scheinbar spontanen und Schnappschuss ähnlichen Fotografien
finden sich in Tillmans Werk auch präzis geplante und detailliert
inszenierte Aufnahmen unterschiedlichster Sujets wie Portraits oder
Stillleben, zuletzt aber auch zunehmend abstrakte Kompositionen.
Seit 1993 stellt Wolfgang Tillmans seine Arbeiten in namhaften Galerien
und Museen aus. Von Beginn an entschied er sich für eine
Präsentationsform, in der seine Bilder zu einer vielteiligen, großzügig
über die Wandfläche komponierten Installation zusammengefügt sind und
die auf den spezifischen Ort und die Ausstellungssituation Bezug nimmt.
Dabei verweigert Tillmans jede visuelle Hierarchisierung und trennt
nicht zwischen freier Fotografie und Auftragsarbeiten, nicht zwischen
einem bedeutungsschweren und einem belanglos erscheinenden Motiv: »If
one thing matters, everything matters«. In Tillmans Universum scheint
die Wirklichkeit in eine Vielzahl von Bildern aufgesplittert, die ein
vielschichtiges formales und inhaltliches Bezugssystem bilden.
Für die Pinakothek der Moderne hat Tillmans eine 23teilige, sehr
persönliche Installation entwickelt, die erstmals der Öffentlichkeit
vorgestellt wird.

Wolfgang Tillmans: after party 2002, C-Print (Details aus der München Installation)
Nobuyoshi Araki, Tokyo 1969-1972, 1973
Der Japaner Nobuyoshi Araki (*1940) zählt zu den wohl produktivsten
aber auch provokativsten Fotografen unserer Zeit. Araki eignet sich die
ihn umgebende Welt mit Hilfe des Mediums Fotografie an, eine obsessive
Aneignung, die mittlerweile in über 100 Büchern Niederschlag gefunden
hat. Sein künstlerisches Werk umspannt ein vielfältiges Themenspektrum,
von hocherotischen Frauendarstellungen, die international großes
Aufsehen erregten, über artifizielle Stillleben, Blütenbilder,
reportagehaft anmutende Alltagsdarstellungen und Architekturaufnahmen
bis hin zu sehr persönlichen, fast tagebuchartigen Fotografien von sich
und seiner früh verstorbene Frau Yoko.
Die aus 28 Diptychen bestehende Arbeit »Tokyo« bildete die
Originalvorlage für eines der ersten Bücher Arakis, das in kleiner
Auflage 1973 erschien und am Beginn seiner intensiven, bis heute
andauernden Auseinandersetzung mit dem Lebens- und Stadtraum von Tokyo
steht. In dieser noch konzeptuell ausgerichteten Arbeit kombiniert
Araki Momentaufnahmen namenloser Passanten, die er an belebten
Straßenkreuzungen beobachtete, mit den erotischen Selbstinszenierungen
einer jungen Frau. Die Kombination aus Alltagsfotografien und Aufnahmen
eines in anspielungsreichen Posen in Szene gesetzten Frauenkörpers
bedeuten für Araki bis heute die adäquate Form, seine Heimatstadt zu
beschreiben, eine Verbindung, die sein gesamtes fotografisches Werk
kennzeichnet. Die Gegensätze zwischen anonym und vertraut, bekleidet
und nackt, Innen- und Außenwelt fungieren als subtile Verweise auf die
Trennung zwischen öffentlicher und privater Lebenswelt, zwischen Traum
und Wirklichkeit. Die Passanten erscheinen wie der Betrachter in der
Rolle der anonymen Zuschauer und spiegeln den voyeuristischen Blick auf
den nackten Körper der Frau, auf die geheimnisvolle und verbotene
Schattenwelt der Megapolis Tokyo.

Nobuyoshi Araki: Tokyo, 1973 Silbergelatine-Abzug, Vintage Print, Unikat,
Bayerische Staatsgemäldesammlungen
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Ausstellung vom 25.01.2006.-11.06. 2006
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